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Die neuen Entwürfe und den zugleich mit diesen
eingelieferten Karton zu dem einen der Bilder – der Hermannschlacht – hatte er
während eines Aufenthalts in München ausgeführt, wo damals die vielgepriesene
Pilotyschule in voller Blüte stand. Von einer Beeinflussung durch deren
Meister aber blieb Janssen völlig frei. Früher als andere und ungeblendet
durch dessen von aller Welt enthusiastisch bewunderte, glänzende, aber
äußerliche Eigenschaften, durchschaute er die Hohlheit, das Gemachte und
Theatermäßige dieser Pilotyschen Geschichtsmalerei. Von dem von ihm als
richtig erkannten Wege lies er sich durch deren Beispiel nicht ableiten. Schon
damals, wie während seiner ganzen ferneren Laufbahn war Janssens Streben
darauf gerichtet, den natürlichen menschlich wahren Ausdruck der Empfindungen
und Leidenschaften statt des theatralischen seinen Gestalten zu verleihen, die
schlichte Größe nicht durch Betonung zerstreuender Äußerlichkeiten zu
schädigen; durch unablässiges strenges Naturstudium und Naturbeobachtung
suchte er den Schöpfungen der Phantasie im Bilde den Schein des wahrhaftigen
Lebens zu verleihen. Der mächtigen erfinderischen und gestaltungskräftigen
Phantasie sind bei ihm – in einem, bei deutschen Malern der jener Zeit
vorangegangenen Epoche ganz ungewöhnlichem Maße – der glückliche starke und
feine Koloritsinn und die malerisch-technische Geschicklichkeit und
Anstelligkeit gesellt. Das zeigte sich schon überzeugend in jenen Wandgemälden
im
Krefelder Rathause.
Sie, wie alles, was Janssen seitdem geschaffen hat, sind
nicht, wie bei
Cornelius und
Kaulbach, als Zeichnungen, als graue Kohle- oder
Bleistiftkartons gedacht und erst nachträglich „koloriert“, sondern von ihm
als farbiges Ganze in der vollen Tonstimmung und somit in voller Lebendigkeit
schon in der Phantasie angeschaut.

Der siegreich vordringende Herrmann
Von den vier großen Rathausbildern schilderte das erste
die
Hermannschlacht, eine Komposition voll feurigen Lebens, welche durch die
Thür in der betreffenden Wand in zwei Hälften zerlegt wird. Das folgende den
Triumph des Germanicus, an dessen Seite Thusnelda, ihren in der Gefangenschaft
geborenen Knaben Thumelicus auf dem Arm, zwischen mit Ketten belasteten
besiegten Germanen an dem Hochsitz ihres verräterischen Vaters, des
Römerfreundes Segestes, vorüber schreitet. Das vierte Wandbild malt in
ergreifenden mächtigen Zügen die Totenfeier des Arminius. Diese Wandgemälde
wurden in den Jahren 1871 bis 1873 von Janssen ausgeführt, und ersichtlich hat
die gewaltige Erregung der deutschen Volksseele durch den Krieg und Sieg von
1870-1871 auch auf den, an den Geschicken des Vaterlandes leidenschaftlichen
Anteil nehmenden Künstler mächtig eingewirkt; aus solcher gesteigerten
Stimmung heraus sind jene Gemälde erzeugt, welche germanische Befreiungskämpfe
gegen fremde Gewalt und die Tragödie germanischer Fürsten- und
Stammeszwietracht so packend und mit so großer, echt malerischer Bildwirkung
schildern.

Totenfeier Herrmanns
Mit diesem Werk hatte Janssen seinen Ruf als einer der
ersten lebenden deutschen Geschichts- und Monumentalmaler begründet. Noch
während der Arbeit daran erhielt er einen neuen bedeutenden Auftrag von
beiderlei Art: den großen Saal des Börsengebäudes zu Bremen mit einem
geschichtlichen Wandgemälde zu schmücken. In dem Wettbewerb mit
Arthur Fitger
war er Sieger geblieben. Als Gegenstand wählte er die
Besiedelung der
Ostseeländer durch die Hanse im deutschen Mittelalter. Hier galt es keine
dramatisch zugespitzten geschichtlichen Einzelvorgang zuschildern, sondern
eine sich während längerer
Zeiträume vollziehende Reihe von Handlungen und die durch
sie bewirkte Entwickelung und Umwandelung von Zuständen in einem Bilde
zusammengefaßt zur Darstellung zu bringen. Auch diese Aufgabe hat der Künstler
sehr geschickt und befriedigend zu lösen verstanden. Durch die scharf
herausgearbeiteten charakteristischen Gegensätze und Rassenverschiedenheiten
in der Erscheinung der niederdeutschen Kolonisatoren und der slawischen
Bewohner jener Ostseelande kommt in die Komposition eine Mannigfaltigkeit der
Menschentypen, die von glücklichster Wirkung für das Ganze ist. Es gereicht
jenem Raum zum ebenso malerisch-schönen und fesselnden wie ernsten und
bedeutsamen Schmuck.
In einem, im Jahr 1875 von Janssen ausgeführten großen
Ölgemälde betätigte er noch entschiedener als in jenem Bremer Wandbild seine
große realistische Kraft der Schilderung, der lebendigen Veranschaulichung
auch von Menschen und Vorgängen aus weitentlegenen, längst vergangenen Zeiten.
Das Bild stellte das Gebet der Schweizer Hirten und Bauern vor der
Schlacht
von Sempach dar. Ein stärkerer Kontrast als der, in dem sich die darin
bekundende Auffassung und Wiedergabe einer geschichtlichen Szene zu der bei
den Meistern der älteren Düsseldorfer Schule gewöhnten steht, läßt sich kaum
denken. Die Wucht und Macht der Charakteristik in diesen herben, „waldursprünglichen“,
zum Kampf mit einem furchtbaren Feinde auf Tod und Leben entschlossenen
Männer- und Jünglingsgestalten, deren fromme Gläubigkeit sich so echt und
wahrhaftig, so tief erregt und ohne eine Spur von romantischer
Gefühlsweichheit äußert, ist ganz außerordentlich.

Gebet der Schweizer vor der Schlacht bei Sempach
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