(Johann) Peter (Theodor) Janssen (1844-1908), klicken Sie hier für seinen Lebenslauf

 

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Peter Janssen – eine zeitgenössische Biografie
von Professor Ludwig Pietsch – Berlin
Quelle: Vellhagen & Klasings Monatshefte,
XVI. Jahrgang 1901/1902. Heft 2, Oktober 1901.

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© 2008 Stephan Kotthaus

aktualisiert:07.12.2008

 


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Die neuen Entwürfe und den zugleich mit diesen eingelieferten Karton zu dem einen der Bilder – der Hermannschlacht – hatte er während eines Aufenthalts in München ausgeführt, wo damals die vielgepriesene Pilotyschule in voller Blüte stand. Von einer Beeinflussung durch deren Meister aber blieb Janssen völlig frei. Früher als andere und ungeblendet durch dessen von aller Welt enthusiastisch bewunderte, glänzende, aber äußerliche Eigenschaften, durchschaute er die Hohlheit, das Gemachte und Theatermäßige dieser Pilotyschen Geschichtsmalerei. Von dem von ihm als richtig erkannten Wege lies er sich durch deren Beispiel nicht ableiten. Schon damals, wie während seiner ganzen ferneren Laufbahn war Janssens Streben darauf gerichtet, den natürlichen menschlich wahren Ausdruck der Empfindungen und Leidenschaften statt des theatralischen seinen Gestalten zu verleihen, die schlichte Größe nicht durch Betonung zerstreuender Äußerlichkeiten zu schädigen; durch unablässiges strenges Naturstudium und Naturbeobachtung suchte er den Schöpfungen der Phantasie im Bilde den Schein des wahrhaftigen Lebens zu verleihen. Der mächtigen erfinderischen und gestaltungskräftigen Phantasie sind bei ihm – in einem, bei deutschen Malern der jener Zeit vorangegangenen Epoche ganz ungewöhnlichem Maße – der glückliche starke und feine Koloritsinn und die malerisch-technische Geschicklichkeit und Anstelligkeit gesellt. Das zeigte sich schon überzeugend in jenen Wandgemälden im Krefelder Rathause.  

Sie, wie alles, was Janssen seitdem geschaffen hat, sind nicht, wie bei Cornelius und Kaulbach, als Zeichnungen, als graue Kohle- oder Bleistiftkartons gedacht und erst nachträglich „koloriert“, sondern von ihm als farbiges Ganze in der vollen Tonstimmung und somit in voller Lebendigkeit schon in der Phantasie angeschaut.

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Der siegreich vordringende Herrmann

Von den vier großen Rathausbildern schilderte das erste die Hermannschlacht, eine Komposition voll feurigen Lebens, welche durch die Thür in der betreffenden Wand in zwei Hälften zerlegt wird. Das folgende den Triumph des Germanicus, an dessen Seite Thusnelda, ihren in der Gefangenschaft geborenen Knaben Thumelicus auf dem Arm, zwischen mit Ketten belasteten besiegten Germanen an dem Hochsitz ihres verräterischen Vaters, des Römerfreundes Segestes, vorüber schreitet. Das vierte Wandbild malt in ergreifenden mächtigen Zügen die Totenfeier des Arminius. Diese Wandgemälde wurden in den Jahren 1871 bis 1873 von Janssen ausgeführt, und ersichtlich hat die gewaltige Erregung der deutschen Volksseele durch den Krieg und Sieg von 1870-1871 auch auf den, an den Geschicken des Vaterlandes leidenschaftlichen Anteil nehmenden Künstler mächtig eingewirkt; aus solcher gesteigerten Stimmung heraus sind jene Gemälde erzeugt, welche germanische Befreiungskämpfe gegen fremde Gewalt und die Tragödie germanischer Fürsten- und Stammeszwietracht so packend und mit so großer, echt malerischer Bildwirkung schildern.

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Totenfeier Herrmanns

Mit diesem Werk hatte Janssen seinen Ruf als einer der ersten lebenden  deutschen Geschichts- und Monumentalmaler begründet. Noch während der Arbeit daran erhielt er einen neuen bedeutenden Auftrag von beiderlei Art: den großen Saal des Börsengebäudes zu Bremen mit einem geschichtlichen Wandgemälde zu schmücken. In dem Wettbewerb mit Arthur Fitger war er Sieger geblieben. Als Gegenstand wählte er die Besiedelung der Ostseeländer durch die Hanse im deutschen Mittelalter. Hier galt es keine dramatisch zugespitzten geschichtlichen Einzelvorgang zuschildern, sondern eine sich während längerer

Zeiträume vollziehende Reihe von Handlungen und die durch sie bewirkte Entwickelung und Umwandelung von Zuständen in einem Bilde zusammengefaßt zur Darstellung zu bringen. Auch diese Aufgabe hat der Künstler sehr geschickt und befriedigend zu lösen verstanden. Durch die scharf herausgearbeiteten charakteristischen Gegensätze und Rassenverschiedenheiten in der Erscheinung der niederdeutschen Kolonisatoren und der slawischen Bewohner jener Ostseelande kommt in die Komposition eine Mannigfaltigkeit der Menschentypen, die von glücklichster Wirkung für das Ganze ist. Es gereicht jenem Raum zum ebenso malerisch-schönen und fesselnden wie ernsten und bedeutsamen Schmuck.

In einem, im Jahr 1875 von Janssen ausgeführten großen Ölgemälde betätigte er noch entschiedener als in jenem Bremer Wandbild seine große realistische Kraft der Schilderung, der lebendigen Veranschaulichung auch von Menschen und Vorgängen aus weitentlegenen, längst vergangenen Zeiten. Das Bild stellte das Gebet der Schweizer Hirten und Bauern vor der Schlacht von Sempach dar. Ein stärkerer Kontrast als der, in dem sich die darin bekundende Auffassung und Wiedergabe einer geschichtlichen Szene zu der bei den Meistern der älteren Düsseldorfer Schule gewöhnten steht, läßt sich kaum denken. Die Wucht und Macht der Charakteristik in diesen herben, „waldursprünglichen“, zum Kampf mit einem furchtbaren Feinde auf Tod und Leben entschlossenen Männer- und Jünglingsgestalten, deren fromme Gläubigkeit sich so echt und wahrhaftig, so tief erregt und ohne eine Spur von romantischer Gefühlsweichheit äußert, ist ganz außerordentlich.

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Gebet der Schweizer vor der Schlacht bei Sempach

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