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Wir lernten den damals etwa Dreißigjährigen in Berlin in
der ersten Hälfte der siebziger Jahre kennen, als er in Gesellschaft seines
Meisters, dessen Sohnes Rudolf und zweier anderer Düsseldorfer Genossen, Fr.
Röber und W. Beckmann, an der malerischen Ausschmückung der Corneliussäle in
dem damals vollendeten Gebäude der Nationalgalerie arbeitete. Ihm waren der
selbständige Entwurf und die Ausführung der Gemälde in den Bogenfenstern der
Wände unter der Decke des zweiten Saales übertragen, in welchem die
Kollosalbüste Peters von Cornelius’ und dessen Kartons für die Wandmalereien
in der Glypthotek ihre Aufstellung erhalten sollten. Die Prometheusmythe war
ihm als Stoff und Gegenstand gegeben. Außerdem sollte er die Schmalwand, in
welche die Nische für jene Büste vertieft ist, mit allegorischen Gemälden
schmücken, welche die Hauptgestalten des hellenischen Epos im Zusammenhange
mit der Idee der Läuterung durch die Tragödie versinnlichen. Der Erscheinung
des Künstlers, der uns da als Herr Maler Janssen aus Düsseldorf vorgestellt
wurde, schienen uns die, in den Linien und der Formengebung ideal schönen, den
gegebenen Flächenräumen glücklich angepaßten, geschickt und geschmackvoll
hineinkomponierten, in den Farben aber zart matt und gedämpft gehaltenen
Gemälde, mit denen er jene Bogenfelder dekorierte, wenig zu entsprechen. In
seinem vollbärtigen Antlitz, seiner kraftvollen elastischen Gestalt, seinen
raschen Bewegungen drückte sich so viel feurige Männlichkeit, Temperament und
Energie aus, daß man viel eher Bilder von überschäumender Lebendigkeit und
Farbenglut, als diese kühl gestimmten, Bendemanns künstlerischer Art
verwandten Darstellungen von ihm erwartet hätte. Aber man mußte sich sagen,
daß jede andere Art der Lösung dieser Aufgabe der Bestimmung der Bilder, wie
der zahmen, kühlen, dünnen
Strackschen Architektur und den farblosen, grauen
riesigen Kartons, mit denen die unteren Wandflächen sich bedecken sollten,
wenig entsprechend gewesen sein würde. Wenn Janssen die hier von ihm
angewendeten künstlerischen Ausdrucksformen gewählt hatte, so war das nicht
aus etwaiger Unfähigkeit, andere zu beherrschen, geschehen, sondern in
Erwägung der vorliegenden Bedingungen und mit deren Berücksichtigung. Daß
Janssen, wo er nicht durch solche Rücksichten gebunden war, zeichnerisch und
koloristisch ganz anders ins Zeug zu gehen vermöge, hatte er in seinen, vor
diesen Malereien ausgeführten Arbeiten bereits wiederholt zur Genüge bewiesen.
Blicken wir zurück auf seinen Entwicklungsgang. Am 12.
Dezember 1844 war er zu Düsseldorf geboren als der Sohn eines ausgezeichneten
Kupferstechers, unter dessen Stichen besonders der nach
Hasenclevers „Examen
des Kandidaten Jobs“ seiner Zeit einen großen allgemeinen Erfolg geerntet
hatte. Die ungewöhnliche Begabung des Sohnes hat sich bereits in zartester
Jugend zweifellos bekundet. Der Vater suchte die Entwickelung des glücklichen
Talents nach besten Kräften und durch die geeignetsten Mittel zu fördern. Von
ihm empfing der Knabe den ersten und zwar einen sehr tüchtigen, zweckgemäßen
Unterricht, durch den indes bis zu Peters fünfzehnten Jahr der Schulbesuch
keine Einschränkung erfahren durfte. Dann kam der zum Malerberuf bestimmte
Knabe in die Lehrklassen der Düsseldorfer Akademie, über die damals noch
Schadow sein strenges Regiment führte.
Carl Müller, der Heiligenmaler, wurde dort Janssens
erster Lehrer. Er sowohl, als Bendemann, Schadows Nachfolger im Direktorat,
und Carl Sohn, der seinen Unterricht in der Malklasse leitete, waren aber im
Grunde wenig dazu geeignet, eine künstlerische Individualität, wie die dieses
jungen Rheinländers, richtig zu erkennen, zu würdigen und auf den ihr gemäßen
Weg zu führen. Aber immerhin dankt Janssen besonders Bendemann die strenge
zeichnerische Schulung und die Gewöhnung zur äußersten Gewissenhaftigkeit bei
der ganzen Durchführung, die ihm bei seinem ganzen späteren Kunstschaffen zum
besten Heil gereicht haben. Wenn er sich unter den Meistern seiner Zeit einen
Helden hätte wählen sollen, „dem er die Wege zum Olymp hinauf sich
nacharbeite“, so wäre es
Alfred Rethel gewesen. Mit der ernsten Macht und
Größe von dessen Schöpfungen verglichen, dünkte ihm das Werk der anderen
ziemlich schwächlich und klein.
In den Jahren zwischen 1865 und 1869 führte er, noch
unter den beaufsichtigenden Augen Bendemanns und durch diesen beraten und
kritisiert, sein erstes, in der Vollendung eben dadurch vielfach verzögertes
Bild aus:
„Die Verleugnung Petri“.

Die Verleugnung Petri
Es blieb auf der großen Ausstellung zu
München nicht unbeachtet und lenkte die Aufmerksamkeit auf das neue
vielverheißende Talent. Sehr bald danach schon bot sich ihm die Gelegenheit ,
von seiner außerordentlichen Begabung noch ganz andere hochbedeutende Proben
abzulegen durch Kunstwerke, in denen seine eigenste künstlerische
Persönlichkeit zum vollen Ausdruck gelangte. Seitens der Stadt Krefeld war
eine Einladung an die deutschen Maler ergangen, in einem Wettbewerb um den
Auftrag zur Ausmalung des dortigen Rathauses mit Bildern aus der städtischen
Geschichte einzutreten und Skizzen dazu einzusenden. Janssen beteiligte sich
an dieser Konkurrenz. Aber er erlaubte sich, von dem Programm gänzlich
abzuweichen und, statt der Krefelder Stadtgeschichte, den alten
Freiheitskämpfen der Germanen gegen ihre römischen Unterdrücker seine Stoffe
zu entnehmen. Diese Janssenschen Skizzen waren indes zu bedeutend und
eindrucksvoll, um einfach über sie hinweg zur Tagesordnung zu schreiten. Es
wurde eine neue engere Konkurrenz ausgeschrieben, bei der die Wahl der
Gegenstände der Darstellungen dem eigenen Ermessen der aufgeforderten Künstler
anheim gestellt blieb.
Aus diesem Wettkampf ging Janssen unbestritten als
Sieger hervor.

Der zurückweichende Varus
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