Werke von Peter Janssen dem Älteren (1844 - 1908)
Schlacht bei Laufen. 1534
Bildbeschreibung von Margret Lemberg
Quelle:
© 1985 Margret Lemberg/Gerhard Oberlik:
Die Wandgemälde von Peter Janssen
in der Alten Aula der Philipps-Universität zu Marburg
N.G. Elwert Verlag Marburg
 

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Das kleinste Bild auf der Westwand "Schlacht bei Laufen. 1534" steht in enger gedanklicher Verbindung zu dem
vorhergehenden Thema: Das Engagement eines weitschauenden evangelischen Fürsten, Philipps des Großmütigen, als gedachten Vorläufers des preußischen Monarchen, zeigt sich auch hier. Die Fußtruppen des katholischen Kaisers mit dem sie überragenden Doppeladler des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation werden von den von rechts heranstürmenden Reiten Philipps überrannt..

Die hessische Fahne mit dem roten Löwen und den Sternen ragt hoch auf: Die katholische Partei geht im Pulverdampf unter, und Ulrich von Württemberg, der vor der Schlacht den Württembergern die Einführung der Reformation zugesichert hatte, erhält durch diesen Sieg Philipps nach 15 Jahren sein Land zurück.

Da wieder eine Aulatür spitzbogig in das Bild ragt, mußte Janssen bei der Komposition des dynamischsten Bildes seines Zyklus sorgfältig vorgehen. Der Betrachter "stürmt" mit den siegenden Hessen von rechts zur Bildmitte, die diesmal der erste Reiter einnimmt. Die Linien, die dessen Rücken wie auch der Hals und Kopf seines Pferdes bilden, werden von der hessischen Fahne und einer Lanze als betonte Parallelen aufgenommen. An den Gesichtern der überrannten kaiserlichen Soldaten im Vordergrund erweist sich Janssens Lust zur Psychologisierung: Erstaunen, Angst, Brutalität und Kampfesmut spiegeln sich in den breiten Gesichtern, während die Masse der kaiserlichen Soldateska auch im formalen Kontrast dazu im Rauch verschwindet.

An diesem Bild wie auch an den anderen Gemälden des Zyklus läßt sich das Kunstverständnis eines Historienmalers ablesen. Die Illustration historischer Ereignisse geschah überwiegend in Zyklen, wobei man Themen der Sage ebenso benützte wie solche der verbürgten Geschichte. In Janssen, der an der Kunstakademie in Diisseldorf das Fach "Historienmalerei" lehrte, manifestiert sich besonders gut die Endphase dieser Kunstrichtung des 19. Jahrhunderts. Der Marburger Zyklus, aber auch die im Erfurter Rathaus erhaltenen großformatigen Gemälde beweisen, daß Janssen mehr als nur ein Kunstwerk schaffen oder sich "verwirklichen"  wollte: er wollte mit seinen Gemälden und durch seine ikonographischen Programme den Betrachter beeinflussen, ihn bilden, erziehen.

Janssen verfügte über alle Stilrichtungen und benutzte überlegen das in der Kunstgeschichte vorhandene Reservoir der Bildlösungen. Der bekannte theatralische Bildaufbau, die Häufung der Motive und die angestrebte Treue im historischen Detail tragen füir den heutigen Betrachter zur Entleerung der Bilder ebenso bei wie die bis zur Sentimentalität gehende Übersteigerung im Gefühlsausdruck störend wirkt. Auffallend ist zudem am Historismus Janssens, daß das Landschaftliche zugunsten der figürlichen Darstellung zurückgedrängt wird, wobei die Hauptperson immer herausgehoben ist und sich das zentrale Geschehen in den Gesten und Gesichtern der sie umgebenden Menschen spiegelt.

An der Rezeption der Bilder Janssens in den Fachzeitschriften läßt sich ablesen, wie rasch in diesen Jahren des Umbruchs zur modernen Kunst die Historienmalerei sich überlebte. 1895, als Janssen den Auftrag zur Ausmalung der Aula erhielt, war er auch in Künstlerkreisen und vor allem im Bereich der offiziellen Kunst ein hoch angesehener Maler. Als er in Düsseldorf die ersten Bilder des Marburger Zyklus vorstellte, erhielt er durchweg lobende Kritiken. Als aber 1902 der Gesamtzyklus fertiggestellt war, hatte sich der Geschmack der Kunstverständigen schon gewandelt. Man warf Janssen sein großes Pathos vor; der Kunsthistoriker Paul Clemen bezeichnete seine Bildlösungen als "angewandte Kostümkunde", ohne dabei freilich  Janssens großes malerisches Können in Frage zu stellen; Walter Cohen nannte 1917 die Aulabilder sogar " verletzend illustrativ".

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