Politisch war die Erfurter Geschichte vom 15. bis über die Mitte des 17.
Jahrhunderts ausgefüllt mit der Abwehr ständiger Angriffe des
erzbischöflichen Landesherren auf die Selbständigkeit der Stadt. Ein
letzter Versuch Erfurts, sie zu erlangen, scheiterte bei den
Friedensverhandlungen zum Dreißigjährigen Krieg am Widerstand der
Kurfürsten von Sachsen und Mainz, obwohl Schweden die Bemühungen der
Stadt unterstützte.
Da Erfurt sich den Forderungen seines
Landesherrn, des Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz, nicht fügte,
wurde es in die Reichsacht erklärt und ihre Vollstreckung dem Erzbischof
übertragen. Mit Hilfe von 15 000 französischen Söldnern ließ er die
Stadt belagern. Nach mehreren Wochen ergab sie sich bedingungslos am 5.
Oktober 1664. Am 12. Oktober zog der Kurfürst in Erfurt ein und nahm in
feierlicher Form die Unterwerfung des Rates entgegen.
Das Bild stellt den Einzug des Erzbischofs
Johann Philipp von Schönborn und des französischen Generals Pradel sowie
die Übergabe der Stadtschlüssel durch den Rat dar.
Wie die Erläuterung des Bildes durch Wiegand
sagt, hat Janssen hier zwei Darstellungen vereint: den Einzug des
Kurfürsten und die Übergabe der Stadtschlüssel bzw. "die Erbhuldigung
der Bürgerschaft" (441), die erst am 18. November 1654 stattfand.
Das Gemälde ist ein Repräsentationsbild. Im
Blickpunkt der Darstellung sitzt auf geputztem Schimmel im
kurfürstlichen Ornat über dem Reitergewand Johann Philipp von Schönborn.
Er trägt als Zeichen seiner geistlichen Macht ein Brustkreuz und schaut
mit seinem gepflegten bis auf die Schulter fallenden Haar eigentlich
streng auf den Betrachter, nicht auf die vor ihm knienden oder stehenden
Vertreter der Erfurter Bürgerschaft. Hinter dem Kurfürsten, ebenfalls zu
Pferd, der französische General de Pradel; er sitzt auf einem Braunen
und ist samt seinem Pferd von dem vor ihm befindlichen Kurfürsten so
überschnitten, daß nur sein Oberkörper bzw. Kopf und der vordere Körper
des Tieres sichtbar werden. Johann Philipp und der französische General
bilden eine wirkungsvolle Zweiergruppe, die durch den
Hell-Dunkel-Kontrast zwischen den verschiedenfarbenen Pferden und
Kleidungsstücken der beiden Sieger, hell bei Johann Philipp, dunkel bei
Pradel, gesteigert wird. Während der Kurfürst den Kurhut in der rechten
Hand hält, trägt der General einen federbesetzten großen Hut auf dem
Kopf und stützt er seine Rechte auf einen Feldherrnstab. Auch Pradel
schaut reserviert-gleichgültig aus dem Bild heraus auf den Betrachter.
Da Johann Philipp in der Helligkeit seiner
Erscheinung mit dem Pferd den optischen Mittelpunkt des Gemäldes bildet
und ohne Überschneidung gegeben ist, wirken die anderen dunkler gemalten
Gestalten von Pradel bis über die rechts vom Mittel- zum Vordergrund hin
stehenden Ratsherren und die am linken Bildrand befindlichen schön
posierenden Soldaten als rahmender Halbkreis. Den Bildmittelgrund
schließen links die vom Rand überschnittenen drei Gestalten zu Pferde,
wahrscheinlich höfische Begleiter des Kurfürsten, ab. Hinter ihnen
werden im Hintergrund - durch eine niedrige Mauer abgetrennt - die Köpfe
weiterer Soldaten noch eben sichtbar. Auch hinter Pradel bis zu dem das
Bild rechts abschließenden beschädigten Stadttor stehen Soldaten und
demonstrieren die Macht, die Erfurt zur Übergabe zwang.
Vor diesem Stadttor haben sich die Ratsherren
versammelt, um dem Kurfürsten die Schlüssel zur Stadt zu übergeben. So
knien im Vordergrund mit dem Rücken zum Betrachter und damit im
größtmöglichen Kontrast zu den berittenen Siegern drei festlich mit
purpurverbrämten Talaren und Mühlsteinkragen gekleidete Ratsherren. Sie
halten auf Kissen die Stadtschlüssel vor sich, wie man seitlich bei den
beiden ersten Knienden sehen kann. Während die Gesichter dieser
Ratsherren bis auf das neutral wirkende des am meisten rechts knienden
nicht zu erkennen sind, bilden die der weiter rechts hin stehenden
Ratsherren einen starken physiognomischen Gegensatz zur strengen
Gleichgültigkeit der Sieger: in den Köpfen dieser Bürgerschaftsvertreter
spiegelt sich um Milde bittende Angst, fragende Skepsis oder ernste
Niedergeschlagenheit. Vor dem ersten Knienden im Vordergrund etwas
weiter nach links sieht man oberhalb des unteren Bildrandes eine
Kanonenkugel von der Belagerung der Stadt her noch im Boden stecken.