Werke von Peter Janssen dem Älteren (1844 - 1908)
Bildbeschreibung zu den Wandgemälden im Festsaal des Erfurter Rathauses
Der heilige Martin, der Kinderkreuzzug und die heilige Elisabeth, 312 x 415 cm
Quelle
: Dr. Dietrich Bieber, Peter Janssen als Historienmaler (Teil 2)
Rudolf Habelt Verlag GmbH - Bonn 1979
 

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Vor dem Goldgrund sind kompositionell, aber nicht inhaltlich miteinander verbunden, dargestellt: der hl. Martin bei der Mantelteilung, der Kinderkreuzzug vor der Kulisse einer Jerusalem bedeutenden orientalischen Stadt im Hintergrund und die hl. Elisabeth, ebenfalls zu Pferd, mit den in Rosen verwandelten Broten im Schoß. Dieses Bild - das wie die beiden anderen Türbilder laut Vertrag "allgemeinere Gegenstände aus dem Entwicklungsgange der Stadt" behandelt - nimmt Bezug auf den hl. Martin als Schutzpatron der Stadt Erfurt, auf die hl. Elisabeth, die als Landgräfin "angeblich mehrere Male in Erfurt geweilt" hat sowie auf den Kinderkreuzzug von 1212, dem der Überlieferung nach auch thüringische Kinder zum Opfer gefallen waren. "Das Gemälde vermittelt die romantische Vorstellung von mittelalterlicher Hilfs- und Opferbereitschaft."

Diesem Inhalt entspricht die demonstrativ-dekorative Geste, mit welcher der jugendliche Martin, in Helm und Kettenhemd gerüstet, sich dem Betrachter über die Schulter hin zuwendet und dabei den Mantel teilt, auf dem der im Vordergrund sitzende nackte Bettler zu warten scheint. Dieser ist im leeren Raum zwischen Hinter- und Vorderbeinen des bildeinwärts stehenden Pferdes des Heiligen geschickt eingefügt. 

Dem links stehenden dunkeltonigen Pferd entspricht rechts der aus dem Bild trabende weiße Zelter, auf dem die hl. Elisabeth im Damensitz reitet. Sie erscheint als jugendliche Frau mit einem Kronreif, aber in schlichtem Kleid, das durch die farblich abgesetzte Passe über Schulter und Brust und die entsprechend bekleideten Arme wohl an eine Nonnentracht erinnern soll. Elisabeth ist also derart dargestellt, daß in ihrer Kleidung ihre Doppelstellung als Fürstin und Franziskaner-Terziarin zum Ausdruck kommt. Die Heilige schaut mit erhobenem Kopf zum Himmel, dabei hat sie die Hände vor der Brust betend aneinander gelegt. Langes, wallendes Haar flattert leicht über ihren Rücken. Neben der hl. Elisabeth wird am rechten Bildrand, nur eben vor allem an Kopf und rechtem Bein erkennbar, ein Knappe sichtbar, der die Fürstin begleitet. Sie erscheint als entrückte Heilige und ohne eine auf das Rosenwunder bezugnehmende Person handlungsmäßig losgelöst im Gegensatz zu dem gerade handelnden Martin. Die Personen des Vordergrundes befinden sich auf gleichem Gelände, das sich vom linken Bildrand her zur Bildmitte senkt. Im Blickfeld hinter der Senkung sind flächenfüllend vor der Kulisse einer orientalischen Stadt die Kinder eingefügt, die das religiöse Phänomen des Kinderkreuzzugs repräsentieren. Der erste Junge der nach links ziehenden Gruppe trägt wie ein Meßdiener ein Vortragekreuz; überhaupt hat sich der Künstler den Kinderkreuzzug als eine Art Prozession vorgestellt. Dem sinnbildlichen Charakter des Gemäldes entspricht die Fahne mit dem Kreuz, die vom hl. Martin her, ohne daß man sehen könnte, wer sie hält oder wie sie befestigt ist, die leere Bildfläche zwischen den Hauptgestalten im oberen Teil des Gemäldes in ornamentalem Schwung ausfüllt.

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