Eine Verbeugung vor Peter Janssen Mo. Dez. 18, 2006 2:52


Als Peter Janssen noch ganz jung war, tat er sich mit anderen Kuenstlern zusammen und uebte sich darin, den Pinsel schwerkraftlos ueber die Leinwand zu bewegen. Dazu wog er den Pinselgriff in der Hand und malte mit besonders leichten Farben.

Genau in die Mitte seines Lebens fiel der Krieg. Dann fiel wiederum er aus dem Krieg und der hatte seine Lebensachse genau in der Mitte einmal durchgebrochen.

Waehrend sich die entnazifizierten Kunstbetrachter dick und feist assen, die Janssen zuvor als entartet eingestuft hatten, stufte sich der Maler jetzt selber ein. Als Anwesenden in einem Deutschland, das zuvor zu seiner Lebenswelt gehoert hatte. Jetzt war dieses Land seiner Skepsis zum Opfer gefallen.

Wie ein Marsmensch, der in der Erdumlaufbahn nach Ansiedlungsmoeglichkeiten sucht, so stand der einstmals Flockige, Leicht-Beschwingte nicht an, nach einer Malmethode zu suchen, die im Handumdrehen das Motiv in Frage stellen koennte, das sie darstellt.

Schliesslich kam Janssen darauf, - und es kamen ihm die jungen Popartisten zu Hilfe -, dass es so harmlose Bildelemente seien wie die RAHMUNG, die BILD-SYMMETRIE, die WIEDERHOLUNG, die mit der truegerischen Normalitaet der davongekommenen Taeter aufraeumen koennten.

Da lebten sie Seite an Seite. Peter Janssen als noch einmal davongekommenes Naziopfer. Seine Peiniger als noch einmal davongekommene Kontinuitaetsgaranten der faschistischen Verstellung.

Janssen malte nun, ganz ganz saeuberlich, eine Brille. In dieser Brille spiegelte sich das Gesehene zweimal. Zweideutig, zweiaeugig, unser Sehen.

Und unter der imaginaeren Nase dieser Brille, noch ein Mal das gleiche Motiv.

Er malte Ornamente, die wie Baeume aussahen, und Baeume, die waren wie Ornamente.

Er kringelte das Motiv ganz ganz klein in die Mitte und umgab es mit einer kugeligen, lauschigen Form.

In Nymphengaerten nannte er viele dieser Bilder. Man hoert ihn weise lachen ueber die Nachkriegsdeutschen, seine Brueder, die sich im Pseudo-Rokoko weltentwandter Bilderbuchparks verkrochen. Er thematisierte die Verstellung, die Uneigentlichkeit in seinen Bildern, die darum zum Eigentlichsten gehoeren, was die Nachkriegskunst zu bieten hat.

Sebastian Bubner

http://www.sebastianbubner.de